Religiöses



Die lieben Todsünden

1.Trunksucht
Im Pfuhl des Lasters, meiner Treu, versinkt
Jedweder ein, der wie ein Säufer trinkt,
Und stets die Welt nur den als nüchtern schätzt,
Der seine Lippen möglichst schüchtern netzt.
Auch du, anstatt des Maßes Schein zu wahren,
Liebst es, oft Freunde um den Wein zu scharen,
Drum wir man dich gewiß als Lumpen hassen,
Kannst du nicht allsogleich vom Humpen lassen.
2.Wollust
O weh den Heuchlern, die gleich geilen Affen,
Fast fähig schon durch ihren Blick zu schänden,
Nach Dirnen, die vorübereilen, gaffen,
Wenn sie's versteh'n, durch ihren Chic zu blenden.
Sie freuen in der Sinne tollen Räuschen
Sich gerne an der Mädchenglieder Weiße,
Nicht kann ihr Blick in ihren Rollen täuschen,
Ob er auch frömmelnd immer wieder gleiße.
3.Verlogenheit
O Kinder, weichet von der vollen Wahrheit
Doch niemals auch nur um ein einzig Haar weit.
Nicht kann es heben eure Leiden oder mindern,
Könnt ihr durch Lügen Strafen meiden oder lindern.
Wenn ihr auch heut bei eures Vaters Schelten weint,
Wißt! Ihr verschmerzt die härtste Rüge leicht,
Wenn hell die Sonne über alle Welten scheint;
Bis an den Tod jedoch die Frucht der Lüge reicht!
4.Hochmut
Fürwahr, es muss gewissen Stolz der Gute haben,
Jedoch wem ekelt nicht vor der hochmüt'gen Gans,
Die dick tut, weil zu einem neuen Hute gaben
Die Mittel ihr die Launen ihres güt'gen Mann's.
Oft hat sie sich mit teuren Dingen laut gebrüstet,
Wonach umsonst des armen Mannes Braut gelüstet,
Und einen Platz, wo eine arme Frau gesessen,
Den meidet sie, als hätte dort 'ne Sau gefressen.
5.Neid
Wenn auch dein Nachbar reicher ist an weißen Hühnern
Und es ihm abends niemals fehlt an heißen Wienern,
Da Gold ihm strotzt in wohlgefüllten Dattelsäcken
Und silbern glänzen ihm der Pferde Satteldecken,
Und du durch den Verkauf von alten Flintentaschen
Dich kümmerlich ernährst, sowie von Tintenflaschen,
Dein Weib im Winter gar mit Grog und heißen Mandeln
In schmutz'gen Straßen muss im alten Meißen handeln,
Und ihr doch hungrig sitzet oft vor leeren Tassen -
Du musst dich nie, o Freund, vom Neid betören lassen,
Denn deine besten Kräfte kann der Neid dir lähmen
Und wird doch nicht das allerkleinste Leid dir nehmen.
6.Zorn
O Freund, ein jeder sündigt, welcher zorngebogen
Durch Straßen, Plätze oder Hallen wandelt
Und unbedacht in Zorneswallen handelt;
Viel schweres Leid ward schon aus diesem Born gezogen.
Denn Menschen, welche voller Unverzagen tollen
Vor Wut und rasend wie die Lümmel toben,
Wird man vielleicht im Schlachtgetümmel loben,
Doch ihnen Tadel stets in ruhigen Tagen zollen.
7.Geiz
Ein großes Laster ist der Rabengeiz,
Der leider sehr der Sünder Zahl vermehrt.
Wer selber nur ein karges Mahl verzehrt,
Der kennet nicht wohltät'gen Gabenreiz.
O Tor, der bei der Glocke Klang du bebst,
Wenn dich auch and're Menschen glauben reich,
Sie werden dich doch nicht berauben gleich,
Der gierig an dem Gelde bang du klebst.
Note 2,96
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