Vierfache, Mehrfache, Vierzeiler, Mehrzeiler (Gedichte)



Der Taucher

"Soldaten ihr und Generale mein!
Die Schale hier, die reiche, ziselierte,
Die mit den schönsten Genremalerei'n
Jüngst meine ältste Tochter Liese zierte,
Als ihre Schwestern ob dem Weben lagen,
Gehör' dem, der drumm will sein Leben wagen.
Sie werf' ins Meer ich, das dort brandet laut
Und Liese sei des, der sie wiederbringt
Und mit der Schale glücklich landet, Braut,
Wenn froh der Jubel ihm der Brüder winkt.
Sie soll fürwahr mit salzig nassen Lippen
Den ersten Bräut'gamskuss ihn lassen nippen.
Wer ohn' Erfolg, doch drum nicht minder kühn
Sein Leben anvertraut dem wilden Meer,
-Hier gilt's, ihr seht's ja, keine Kindermüh'n -
Versagt dem wohl die Hand der Milden wär,
Doch darf zur Tafel er die Schwestern führen,
Ich schwör's - nie schwur man was mit festern Schwüren."
Er sprach's und stille ward's im lauten Kreis,
Am Kopf sich alle Ritter kraulten leis.
Man sprach: "Der Preis ist wohl des Schweißes wert,
Gefahren würd' darum ich sicher laufen.
Vor Feindblut rot wär' bald mein weißes Schwert!
Wer aber möcht' elendiglich ersaufen?
Wie Ätnas Krater, seht nur, kocht er tosend.
Wer dieses wagt, freit nie die Tochter kosend.
Wenn Majestät uns doch nur sagen wollte,
Wer von uns hier das Wagnis wagen sollte."
Kurz, Liese sah ins Meer kein Rudel springen,
Nein, keinen sah sie mit dem Sprudel ringen.
Darum auf ihres Vaters seinen Wink
Sie plötzlich schmerzlich an zu weinen fing,
Als zu der ritterlichen Stöhner Schand',
Das Haar gescheitelt und den Bart gezogen,
Vor ihr ein Jüngling jetzt, ein schöner, stand,
Die edle, seine Nase zart gebogen.
Der sprach: "Das hat mir niemand weisgesagt,
Wo ich um dich so lange still geworben,
Jedoch für dich, Geliebte, sei's gewagt,
Für dich, wenn es das Schicksal will, gestorben.
Nun wird es tief sich in Zyklon entscheiden,
Ob Liese - doch ich muss mich schon entkleiden."
Verwundert schau'n ihn Frau'n und Mädel an,
Denn nackend sah er aus wie'n Edelmann.
Schon verschlingt ihn der alles verzehrende Gischt
Und das Meer wie der Wein, der gährende, zischt
Wie wenn Wasser und Feuer sich mengt
Und der Sturm am Gemäuer sich fängt.
Und der König starrt in des Teiches Glut
Und die liebliche Tochter ein gleiches tut.
Wenn der Jüngling für immer verschwunden wär',
Für den die Tochter so heiß geschwärmt,
Die Ärmste hätt' es verwunden schwer,
Hätt' gar um ihn sich in Schweiß gehärmt;
Wenn tot der, den sie so sehr geliebt,
Hätt' sie von Tränen sich leer gesiebt.
Und das Meer wie der Wein, der gährende, zischt,
Wie wenn Wasser und Feuer sich mengt
Und der Sturm am Gemäuer sich fängt.
Und wieder bringt ihn der zehrende Gischt.
Und liebend sie sich zum Gestade beugt,
Als jener aus dem kalten Bade steigt.
Die Schal' er freudig in der Linken wiegt
Und Liebeswonn' in seinem Winken liegt.
Und seinen Tränen nicht der König wehrt,
An seine Ritter er sich wenig kehrt.
"Ich dacht', ich hätt' verlernt das Beben lang,
Seit ich im letzten Krieg, dem heißen, war,
Doch war mir wirklich um Ihr Leben bang,
Verzeihen Sie schon meinem weißen Haar.
Erzähl'n Sie schon meinem weißen Haar.
Was Sie geseh'n auf dem abscheul'chen Schund,
Indes, um mich nicht ohne Sinn zu hetzen,
Wünscht' ich mich doch ein bißchen hinzufetzen,
Wie wär's, wenn Sie mir einen Bittern reichten?
Dann will ich Ihnen und den Rittern beichten."
Der König rief: "He, Mundschenk, trabe lang
Zum Schloß und hole einen Labetrank!"
Sobald ihn nun gelabt der runde Mann,
Die Rede von des Jünglings Munde rann:
"Ich tat gerade in die Wellen sinken
Und hörte noch die Kampfgesellen winken,
Da hab' ich einen Hai schon abgeschlachtet,
Der mich wahrscheinlich für zu schlapp geachtet;
Dann wies von Pfahl ein Molch die Zähne mir
Und wollt' entreißen mir der Mähne Zier,
Allein viel schneller als der Molch gedacht,
Hab' ich den Garaus ihm per Dolch gemacht,
Wobei ich mich zwar stark am Pfahle schund,
Doch tröstete mich bald
Note 2,94
Bewertungen 2123
Ihre Bewertung